Die Bekämpfung des ADLERFARNS* in der CHESTENENWEID  

Ein aktuelles Projekt der PRO RIGI

Bei der CHESTENENWEID zwischen Vitznau und Weggis gelegen, handelt es sich um ein besonders artenreiches Naturschutzgebiet des Kantons Luzern. Dieses ist nicht nur aus botanischer und zoologischer (Insekten, Kleinschmetterlinge) sondern auch historischer Sicht bemerkenswert.

Wie der Name erahnen lässt, war dieses eine Viehweide bestockt mit Edelkastanien. Solche gab es früher noch viele am Vierwaldstättersee. Bekannt sind Selven von Greppen, Rotschuo und Brunnen. Vor dem Bau der Gotthardbahn wurden an südlichen Lagen nach der Rodung bestehender Wälder – wie es Flurnamen verraten – meist Brandrodung (Schwand) Kastanien gepflanzt deren Holz und vor allem Früchte begehrt waren. Die Bäume wurden gepflegt, ähnlich wie Apfel- oder Kirschbäume. Zwischen den locker wachsenden Edelkastanien konnte Streue gemäht und/oder geweidet werden (Ziegen,Schafe und leichte Rinder).

Mit der Eröffnung der Gotthardbahn waren die kleineren Kastanien den südlicher gewachsenen Marroni konkurrenzlos unterlegen und die Innerschweizer-Selven verloren an Bedeutung. Wurde die traditionelle Nutzung aufgegeben, nahm die Vergandung/Verbuschung/Verwaldung überhand. Die Korporation als Besitzerin der Chestenenweid soll die Kastanien-Gewinnung noch bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts zugeteilt haben.

Dank seiner auffälligen Blumenvielfalt wurde die Selve Chestenenweid 1970 als Naturschutzgebiet ausgeschieden und dessen Pflege der Pro Rigi übertragen. Mit jedem Jahr wurde unter Fachleuten klarer, dass die «Rückeroberung» der Naturschutzflächen durch den Ur-Wald ohne regelmässige Eingriffe nicht aufzuhalten war.

Von Anfang an war man deshalb bestrebt, die traditionelle Beweidung zu erhalten; eine dichte Verbuschung bedeutete das Ende lichtbedürftiger seltener Pflanzen.  In den 80iger Jahren engagierte und leitete Niklaus Troxler welcher als erster die Bekämpfung des überhandnehmenden Adlerfarns anpackte. Im nordwestlichen Teil biwakierte Martin Schneebeli und erfasste systematisch den zeitlichen Aufwand seiner Entbuschungen von Brombeeren und Farn! Zu dieser Zeit konnte ich eine Klasse von Kantonsschülern der KKS Kantonsschule Kollegium Schwyz von der Bedeutung des Adlerfarn- ‘zupfens’ überzeugen. Wir übernachteten im Schützenhaus und Kochen wurde improvisiert!

Beim Adlerfarn handelt es sich um den bis 3 ½ Meter hohen einheimischen Farn, eines über alle Kontinente verbreiteten Waldpioniers. Die Pro Rigi unter der Leitung von Urs Galliker und Gallus Bucher nahm die etwas eingeschlafenen Bekämpfungsaktionen wieder auf. Freiwillige nutzten Frontage und einheimische Firmen sowie Schulklassen folgten Gallus’ Aufruf. Die grosse Orchideen-Vielfalt, ja die Oekologische Vielfalt dieser ‘Perle’ unter den geschützten Gebieten des Kantons LU galt/gilt es zu retten. Dabei geht es konkret um die hier nachgewiesenen 20 Orchideenarten, darunter die vom Aussterben stark bedrohten Bienen- (Ophrys apifera) und Hummelorchis (Ophrys holoserica). Bei Letzteren heisst es in den einschlägigen Broschüren: Vorkommen sollten strikt geschützt werden!      

Eine Parallele drängt sich  auf.

‘Unser’ Nachbar, das Schwyzer Naturschutzgebiet «Goldauer Bergsturz» ist bekannt durch seinen ausserordentlichen Orchideen-Reichtum. Durch die natürliche Pflanzensukzession – hier hauptsächlich Bergföhren drohte – dieser ein Ende. In einer Maturaarbeit wurde vorgeschlagen, in einem Teil der grossen betroffenen Bergsturzgebietes die Föhren zu fällen. Dies spielte sich vor rund 20 Jahren ab. Heute können wir feststellen, dass es gelungen ist, die Sukzession zurückzudrängen und damit den Orchideen einen optimalen Lebensraum zu erhalten.

*Adlerfarn      
Schneidet man mit einer scharfen Klinge den Stiel eines Adler-Farns im untersten braunen Bereich schräg durch, sieht man die wasserleitenden Gefässe in einer dem stilisierten Deutschen Reichsadler erstaunlich gleichenden Anordnung.

           

Hans-Urs Lütolf

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